Bereits im Herbst 2018 ging ein von den Konsumentenschützern der AK Tirol erarbeiteter Fragebogen an alle Tiroler Fahrschulen. Damit sollten, ohne größeren Aufwand für die Fahrschulen, die aktuellen Preise ebenso wie besondere Angebote oder Leistungen erhoben werden. Das Ergebnis war allerdings dürftig: Kein einziger Fragebogen wurde ausgefüllt retourniert, Antworten langten lediglich vereinzelt ein und wenn, dann mit ähnlichem Inhalt. Der Tenor: Man solle die Preise den aushängenden Tarifblättern bzw. der Homepage entnehmen bzw. wolle an der Erhebung nicht teilnehmen. Aus diesem Grund führten die Konsumentenschützer der AK Tirol im April 2019 eine „Vor-Ort-Erhebung“ in ganz Tirol durch und erhoben die Preise mittels der verpflichtend auszuhängenden Tarifblätter. Denn laut Gesetz müssen diese lesbar neben oder in der Nähe der Eingangstür der jeweiligen Fahrschule angebracht sein.
29 Fahrschulen in Tirol wurden letztlich aufgesucht, die Tarifblätter zur Dokumentation fotografiert und überprüft, ob diese den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Weiters wurden auf Basis der Tarifblätter die Preise verglichen.
Die Ergebnisse
Tarifblätter
Aushang der Tarifblätter
Bei der Erhebung konnte festgestellt werden, dass bei 28 Fahrschulen ein Tarifaushang ersichtlich war. Diese waren unterschiedlich gestaltet. Nur einige wenige entsprachen exakt dem laut Verordnung vorgesehenen Aushang, während der Großteil der Fahrschulen modifizierte Tarifblätter bzw. selbstgestaltete Preisaushänge verwendete. Diese enthielten jedoch zum Teil sogar mehr Informationen, etwa zu den Kosten von Lernunterlagen wie CD, Apps, Bücher oder zu einer „Verwaltungsabgabe“. Lediglich eine Fahrschule verzichtete auf den Aushang der Tarifblätter.
Tarifblätter als Preisdschungel
Die Tarifblätter wurden 1999 eingeführt und 2002 letztmalig geändert. Das Gesetz über den „Mehrphasenführerschein“ ist im Führerscheingesetz geregelt und wurde erst 2003 eingeführt. Somit wurden die Tarifblätter nie an die aktuellen Ausbildungsvorschriften angepasst.
Das Tarifblatt verwendet Symbole, deren Erklärung klein gedruckt in der Fußnote zu finden ist. Erst dann weiß man, ob eine Leistung im Ausbildungspaket enthalten ist. Wer nur auf „Ausbildung komplett“ schaut und die Symbole nicht beachtet, wird sich unter Umständen wundern, wenn ihm weitere Leistungen wie die Lernunterlagen oder eine Verwaltungsabgabe verrechnet werden.
Der durchschnittliche Betrachter geht davon aus, dass die in den Tarifblättern aufgelisteten Kosten für den B bzw. L 17 Führerschein eine Ausbildung umfasst, die ihn ermächtigen, dauerhaft am Straßenverkehr teilzunehmen. Er rechnet nicht unbedingt damit, dass noch weitere Kosten für die 2. Ausbildungsphase auf ihn zukommen. Der Begriff „ Ausbildung komplett“ impliziert, dass er die volle Ausbildung bekommt und nicht nur den 1. Teil. Wer also nicht konkret nachfragt, welche Kosten für die ganze Ausbildung insbesondere für den 2. Ausbildungsteil noch dazukommen, wird eventuell von unvorhergesehenen Kosten überrascht.
Preisvergleich
Beim Preisvergleich wurden die laut jeweiligem Tarifaushang angeführten Preise für die „Ausbildung komplett“ verglichen, wobei bei zwei Fahrschulen die Lernunterlagen in diesem angegebenen Preis bereits inbegriffen waren.
Führerschein B:
Die Preise für den Führerschein B lagen zwischen € 1.288 und € 1.699, das ergibt eine Preisspanne von bis zu 32 %. Während in Innsbruck beim Führerschein B die Preise zwischen € 1.288 und € 1.374 lagen, lagen die Preise im Rest Tirol bei einem Mindestpreis von € 1.335 und einem Maximumpreis von € 1.699.
Die Anzahl der Fahrlektionen lag zwischen 18 und 19 Fahrstunden. Die Dauer der Fahrlektionen lag einheitlich bei 50 Minuten.
Führerschein L 17:
Beim L 17 Führerschein variierten die Preise zwischen € 1.097,00 und € 1.649,00, das ergibt einen Preisunterschied von bis zu 50 %. In Innsbruck lag der Minimumpreis bei € 1.097 und der Maximalpreis bei € 1.414. In den restlichen Bezirken lag der Minimumpreis bei € 1.385 und der Maximalpreis bei € 1.649. Die Anzahl der Fahrlektionen lag zwischen 15 und 20, wobei hier der Vergleich schwierig ist, da nicht erkennbar zwischen Fahrstunde und Fahreinheit unterschieden wird. Die Dauer der Fahrlektion lag einheitlich bei 50 Minuten.
Beim L 17 sollten die Konsumenten nicht vergessen, dass zusätzlich noch 3.000 km gefahren werden müssen.
Weitere Kosten
Kosten für Lernunterlagen und Fahreinheiten:
Für beide Ausbildungsarten ergaben sich pro weiterer Fahrstunden Kosten zwischen € 47 und € 69, das ergibt einen Unterschied von bis zu 46,81 %.
Die Kosten für die Lernunterlagen schwankten zwischen € 29,90 und € 129, hier ergab sich ein Unterschied von bis zu 331,44 %! Die Art der Lernunterlagen (App, Buch) wurde beim Preisvergleich nicht berücksichtigt.
Fahrschulunabhängige Kosten
Zusätzlich zu den Kosten der Fahrschule kommen noch weitere Aufwendungen, wie etwa Kosten für das ärztliche Gutachten (Anbieterabhängig), Erste-Hilfe-Kurs (Anbieterabhängig) oder Kosten bei den Behörden.
Die „Verwaltungsabgabe“
Der Begriff lässt zwar eine behördlich vorgeschriebene Abgabe vermuten, es handelt sich dabei aber um eine Bearbeitungsgebühr, die die Fahrschule selber festlegt und die zusätzlich zu den Kosten für die „Ausbildung komplett“ verlangt werden kann.
- Ausbildungsphase
Mit Beginn der zweiten Ausbildungsphase fallen neuerlich Kosten für die vorgeschriebenen Perfektionsfahrten an, wobei diese nur stichprobenartig per Telefon abgefragt werden konnten. Es sollten für diese Fahrten an weiteren Kosten noch ca. 200 Euro veranschlagt werden. Dazu kommt noch das vorgeschriebene Fahrsicherheitstraining, welches weitere zusätzliche Kosten verursacht.
Die zweite Ausbildungsphase beginnt nach der erfolgreichen Ablegung der theoretischen und praktischen Prüfung, muss innerhalb eines Jahres abgeschlossen werden und umfasst zwei bzw. eine Perfektionsfahrt beim L 17 und ein Fahrsicherheitstraining. Die Ausbildungsphase muss durchlaufen werden, wer das nicht in der vorgeschriebenen Zeit macht, riskiert den Entzug des Führerscheins. Nur bei länger als 6 Monate dauernden Auslandsaufenthalten kann von der
2. Ausbildungsphase abgesehen werden.
Das raten die AK Experten
Die Erfolgsquote zeigt, wie viele Schüler und Schülerinnen in einer bestimmten Fahrschule die Prüfung beim ersten Anlauf bestanden haben. Diese Information kann helfen, sich bei der Auswahl der Fahrschule zu orientieren. Weiters sollte man sich auch nach Prüfungsgarantien (keine zusätzlichen Fahrschulkosten bei Wiederantritt), erkundigen. Bei der theoretischen und praktischen Prüfung kann dies helfen, Geld zu sparen. Die meisten Fahrschulen bieten diese Prüfungsgarantie bei der theoretischen Prüfung an. Da sich aus den derzeit aktuellen Tarifblättern nur schwer die tatsächlichen Kosten ermitteln lassen ist es ratsam, genau nachzufragen und sich vorab umfassend zu informieren.
Fragen Sie nach
- Kosten für Lernunterlagen und Kosten für die zweite Ausbildungsphase
• möglichen Prüfungsgarantien für die theoretische und praktische Prüfung
• günstigen Ausbildungspaketen für die erste und zweite Ausbildungsphase
• der Erfolgsquote der jeweiligen Fahrschule
Erst wenn Sie all diese Informationen zusammengetragen haben, können Sie eine Entscheidung darüber treffen, ob die Fahrschule für Sie in Frage kommt.
Die gesamte Erhebung und alle Daten gibt es auf www.ak-tirol.com