AK Tirol stellt klar: Betroffene haben bei Dienstverhinderung durch Schneechaos und Muren Anspruch auf Entgeltfortzahlung

Gesperrte Straßen und Bahnverbindungen, Lawinengefahr und umgestürzte Bäume: All das hat natürlich auch Auswirkungen auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Denn für viele Betroffene ist es schwierig bzw. unmöglich, rechtzeitig zum Arbeitsplatz zu kommen.

Wer wetterbedingt nicht oder zu spät am Arbeitsplatz erscheint, muss keinen Urlaubstag nehmen und sich auch keinen Zeitausgleich verrechnen lassen. Es liegt ein sogenannter Dienstverhinderungsgrund vor! Das Entgelt muss bezahlt werden, stellten die AK Experten ihre Rechtsmeinung klar.
Betroffene, die ihr Entgelt nicht voll weiterbezahlt erhalten oder denen „individuelle Lösungen“ angeboten werden, können sich gerne bei der AK Tirol melden. Sie erhalten kostenlosen Rechtsschutz.

Zur derzeitigen Situation in Osttirol

Bei Dienstverhinderungen aufgrund von Naturereignissen haben die Arbeitnehmer in der Regel einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung bis zu einer Woche. Dies kann sein, weil man das eigene Gut retten muss oder weil man aufgrund von Straßensperren nicht zum Dienst erscheinen kann, oder weil man aufgrund von Schulschließungen die Kinder zu betreuen hat oder weil durch das Naturereignis der Betrieb beschädigt oder der Betriebsablauf gestört wird. Bei einer dadurch verursachten Beschädigung des Betriebs oder Störung des Betriebsablaufs steht die Entgeltzahlung sogar zeitlich unbegrenzt zu.

Nur dann, wenn es sich um ein umfassendes, allgemeines Elementarereignis handeln sollte, von dem die Allgemeinheit, die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer in gleicher Weise betroffen sind, entfällt die Entgeltfortzahlung. Dabei kommt es aber nicht darauf an, dass es sich um eine, von Menschen nicht beeinflussbare „höhere Gewalt“ handelt, betont AK Präsident Erwin Zangerl, sondern ausschließlich darum, ob es sich bei dieser „höheren Gewalt“ um ein umfassendes, die Allgemeinheit treffendes Elementarereignis handelt. Eine gesetzliche Definition gibt es dazu nicht.

Der Oberste Gerichtshof hat aber bislang selbst bei außergewöhnlichen, ein großes Gebiet betreffenden Schneefällen mit behördlich verhängten überregionalen Straßensperren – es handelte sich um die gesamte Obersteiermark – einen Anspruch der Arbeitnehmer auf Entgeltzahlung bestätigt. „Die von der WK Tirol argumentierte Rechtsprechung, die bei außergewöhnlichen Niederschlägen ein Elementarereignis ohne Entgeltzahlung bejaht hätte, ist uns nicht bekannt und kann uns gerne von der WK Tirol übermittelt werden“, ergänzt AK Präsident Erwin Zangerl.

Und in einer Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof den Anspruch auf Entgeltzahlung für einen Arbeitnehmer, der nicht zum Dienst erscheinen konnte, auch damit begründet, dass der Betrieb von den Schneefällen nicht betroffen war, da die in der Nähe wohnenden Arbeiter zur Arbeit gekommen sind.

Übrigens: Selbst als durch die Vulkanaschenwolke eines isländischen Vulkans fast der gesamte europäische Flugverkehr eingestellt werden musste, hat der Oberste Gerichtshof noch kein Elementarereignis angenommen. Den Arbeitnehmern, die damals im Ausland festgesessen sind, musste das Entgelt bezahlt werden.

„Wir sind daher der Überzeugung, dass bei der Situation in Osttirol ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht“, stellt AK Präsident Erwin Zangerl klar. Damit sind Urlaubsvereinbarungen für diesen Zeitraum gesetzwidrig. Betroffene, die ihr Entgelt nicht voll weiterbezahlt erhalten oder denen „individuelle Lösungen“ angeboten werden, können sich gerne bei der AK Tirol melden. Es wird Rechtsschutz gewährt.

Dienstverhinderung
„Wenn extreme Wetterbedingungen herrschen und Sie deshalb Ihre Arbeit nicht oder nicht pünktlich antreten können, liegt ein Dienstverhinderungsgrund vor“, erklären die AK Arbeitsrechtsexperten. Dasselbe gilt auch für Eltern, die bei ihren Kindern bleiben müssen, weil Kindergarten oder Schule geschlossen bleiben und sie sonst keine Alternativen für die Kinderbetreuung haben.

Was ist „zumutbar“?
Ein Fernbleiben oder eine Verspätung ist entschuldigt – allerdings nur, wenn von den Beschäftigten vorher alles Zumutbare unternommen wird, um es trotz Schnee und Eis (pünktlich) zur Arbeit zu schaffen. Sie müssen deshalb beispielsweise früher als sonst aufbrechen, wenn der Wetterbericht schon am Vorabend das Schneechaos vorhersagt. Oder vom Auto auf Öffis umsteigen, falls das eine gangbare Option ist. Was letztendlich zumutbar ist, hängt immer vom Einzelfall ab.

Arbeitgeber sofort informieren
Außerdem sind Arbeitnehmer dazu verpflichtet, dem Arbeitgeber umgehend zu melden, dass man nicht rechtzeitig zur Arbeit erscheinen kann.

Kein Urlaub, keine Gleitzeit
Wer wetterbedingt nicht oder zu spät am Arbeitsplatz erscheint, muss keinen Urlaubstag nehmen und sich auch keinen Zeitausgleich verrechnen lassen. Bei Gleitzeit gelten Dienstverhinderungen in der fiktiven Normalarbeitszeit als entgeltpflichtige Arbeitszeit.

Kein Grund zur Entlassung
Sollte Sie Ihr Arbeitgeber entlassen, weil Sie wegen Schnee und Eis zu spät oder gar nicht in die Arbeit gekommen sind, ist diese Entlassung unberechtigt. Wichtig ist allerdings immer, dass Sie alles Zumutbare unternommen haben, um es (zeitgerecht) in die Arbeit zu schaffen.

Weniger Geld wegen Dienstverhinderung?
Sowohl Angestellte als auch Arbeiter müssen auch für die Zeit der Dienstverhinderung ihr Entgelt bekommen.

Die Arbeitsrechtsexperten der AK Tirol informieren und helfen unter Tel. 0800/22 55 22 – 1414.