Neben den Energiepreiserhöhungen war vor allem der Anstieg der Lebensmittelpreise wesentlich für die österreichische Rekordinflation der beiden vergangenen Jahre. Unter anderem auf Drängen der Arbeiterkammer startete die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) im Oktober 2022 eine Untersuchung. Dieser Bericht liegt nun vor. Darin wird der seit langem von der AK vermutete „Österreich-Aufschlag“ bei den Lebensmittelpreisen bestätigt. Die internationale Lebensmittelindustrie differenziert dabei laut BWB nach Ländern und verrechnet dem Lebensmitteleinzelhandel in Österreich für gleiche Produkte höhere Preise als etwa in Deutschland. „Es ist höchste Zeit, dass sich Österreich und das zuständige Ministerium endlich in Brüssel Gehör verschaffen und diese Praxis abstellen. Es ist nicht zu akzeptieren, dass sich unter den Augen der Bundesregierung seit Jahren internationale Lebensmittelkonzerne auf Kosten der Bevölkerung in Österreich bereichern und das in einer Europäischen Union“, kritisiert AK Tirol Präsident und Bundesarbeitskammer-Vizepräsident Erwin Zangerl. Er fordert weiterhin wirksame Maßnahmen bei der Bekämpfung der Teuerung bis hin zu Preisfestsetzungen.
Die Verbraucherpreise stiegen in Österreich 2023 im Schnitt um 7,8 Prozent und damit deutlich stärker als im Euroraum. Dabei waren die Preise bereits 2022 um 8,6 Prozent gestiegen, insgesamt ergibt sich seit 2019 ein Preisanstieg von fast 22 Prozent. Hauptverantwortlich dafür sind die Ausgabengruppen „Wohnung, Wasser, Energie“ sowie jene der Lebensmittel. In beiden Bereichen ortet AK Präsident Erwin Zangerl politisches Versagen. „Die Eigentümerstruktur fast aller Energieunternehmen würde es ermöglichen, dass die Politik bei den Energiekosten eingreift. Wir haben gezeigt, dass das in Tirol möglich ist. Es braucht beim Thema Teuerung endlich eine klare politische Haltung den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber, das gilt auch bei den Lebensmittelpreisen. Wir sprechen hier nämlich immer von Grundbedürfnissen“, so Zangerl. Denn die Inflation ist in Österreich weiterhin eine der höchsten in Europa. Zuletzt, im Dezember 2023, stieg sie sogar wieder und beträgt derzeit 5,6 Prozent.
Österreich-Aufschlag muss fallen
Der nun von der BWB bestätigte Österreich-Aufschlag bei den Lebensmittelpreisen benachteiligt die österreichischen Konsument:innen massiv. „Eigentlich sollte uns der Binnenmarkt Vorteile schaffen, das ist offensichtlich nicht der Fall. Links und rechts der Grenze werden für gleiche Produkte unterschiedliche Preise verlangt“, merkt Zangerl an. Auch eine Analyse der Europäischen Zentralbank bestätigte das. Die BWB weist in ihrem Bericht auch immer wieder auf die starke Marktkonzentration des österreichischen Lebensmitteleinzelhandels hin. Die vier größten Anbieter weisen einen Marktanteil von 91 % in Österreich auf.
Neben der Bundeswettbewerbsbehörde hat sich auch die Bundesarbeitskammer an die EU-Kommission gewandt. Die zuständigen EU-Generaldirektionen werden einerseits aufgefordert, die Preispolitik der internationalen Markenartikelindustrie auf Wettbewerbsverstöße zu untersuchen und rechtliche Schritte einzuleiten, andererseits sollen so schnell wie möglich Regelungen geschaffen werden, um die Beeinträchtigung des Binnenmarktes zu beseitigen.
AK will Maßnahmen gegen die Teuerung
„Die Teuerung kann nur wirksam bekämpft werden, wenn alle Hebel in Bewegung gesetzt werden. Dazu braucht es den politischen Mut und Durchsetzungsvermögen, ansonsten wird auch 2024 die Inflation hoch bleiben“, stellt Zangerl klar. Der Österreich-Aufschlag muss bekämpft werden und fallen, ebenso braucht es ein neues Preisgesetz, das ein schnelles Eingreifen ermöglicht. „Wenn Unternehmen die Preise für lebensnotwendige Güter massiv anheben, müssen sie nachweisen, ob dies gerechtfertigt ist“, sagt Zangerl. Sonst müsse das zuständige Ministerium eingreifen und angemessene Preise festsetzen. Wie schon bei den Energiepreisen rund um den Landesenergieversorger TIWAG fordert Zangerl auch mehr Transparenz in der Lebensmittelbranche. Alle vorhandenen Daten sollen endlich in einer Preistransparenzdatenbank zusammengefasst werden, die durch eine dauerhaft tätige Anti-Teuerungskommission mit entsprechenden Befugnissen ausgewertet wird. Zudem soll das Wettbewerbsrecht nachgeschärft werden, damit Wettbewerbsprobleme oder -verzerrungen nicht ohne Folgen bleiben und der Wettbewerb durch mehr Transparenz angekurbelt wird.
Doch auch innerhalb Österreichs braucht es notwendige Kontrollen, denn auch das West-Ost-Gefälle bei Preisen besteht nach wie vor. „Für Tirol ist das doppelt bitter, denn die Konsument:innen haben hier nicht nur einen Österreichaufschlag zu bezahlen, sondern auch einen Tirol-Aufschlag“, sagt Zangerl, der die Stärkung der Bundeswettbewerbsbehörde fordert, damit diese schneller zu Ergebnissen kommen kann. „Dieser Tirol-Aufschlag ist umfassend zu analysieren und dann müssen endlich Lösungen auf den Tisch, wie er zu beseitigen ist“, so Zangerl.